Helene – Wöhr – Walk (neu)
19. Juni 1915 - 30. April 1943
Helene Wöhr
Helene Wöhr ist in Stuttgart Feuerbach aufgewachsen. Nach ihrem Schulabschluss ist ihr großes Ziel Kinderpflegerin zu werden. Nachdem 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kommen, muss sie auf ihren Weg zu ihrem Ziel verschiedene Rückschläge hinnehmen. Nachdem Sie 1941 verhaftet wird, zählt sie zu den ersten Deportationsopfern aus Stuttgart.
Trotz zahlreicher Hindernisse verliert Helene nie ihre Entschlossenheit. Immer wieder versucht sie, Arbeit im sozialen Bereich zu finden, wird jedoch wegen ihrer jüdischen Herkunft mehrfach entlassen. Ihr Lebensweg steht exemplarisch für das Schicksal vieler sogenannter „Halbjuden“ unter dem NS-Regime, die systematisch entrechtet, isoliert und verfolgt wurden.
Route
*Walks sind nur über das Handy zugänglich
Bahnhof
Helene wird im Juni 1915 in Stuttgart geboren. Ihre Eltern sind die Schneiderin Anna Sofie Bauer und der Viehhändler Siegfried Ullmann, die beiden sind unverheiratet. Ihre Mutter ist evangelisch und ihr Vater jüdisch, das wird aber erst im späteren Verlauf ihres Lebens eine Rolle spielen. Im Jahr 1919 heiratet ihre Mutter Anna, den aus Feuerbach stammenden Conrad Daniel Wöhr. Helene und ihre Mutter wohnen auch bei ihm. Ein Jahr nach der Hochzeit, wird Helene von Herrn Wöhr adoptiert.
Bismarkschule
Helene ist sieben Jahre alt, als sie ihre ersten Tage in der Bismarckschule in Feuerbach erlebt. Die Schule ist eine Volks- und Realschule. Der ärmere Teil der Bevölkerung macht nur den Volksschulabschluss. In der Weimarer Republik wird eine einheitliche Elementarschule eingeführt. Für die Kinder ist ein 8-jähriger Schulbesuch Pflicht. Helene beendet 1930 ihre Schullaufbahn und wird im selben Jahr konfirmiert. Es ist nicht bekannt welchen Schulabschluss sie macht. Nach der Schule möchte sie eine Ausbildung zur Kinderpflegerin absolvieren, da sie sehr kinderlieb ist.
Stolperstein
Einen Großteil der Schulzeit wohnte Helene in einer Wohnung in der Oswald Hesse Straße. 1929 zieht sie mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater in die Seestraße, die heutige Kruppstraße. Ihr Stiefvater arbeitet dort in der Nähe. Dennoch wurde der Solperstein für Helene in der Oswald Hesse Straße und somit am ersten Wohnhaus der Familie in Stuttgart angebracht. Am 27. November 1941 wird Helene von der Gestapo verhaftet. Der genaue Ort der Verhaftung ist nicht bekannt. Daher nehmen wir an, dass der Stolperstein der Startpunkt von Helenes letztem Weg war.
Drogerie
Helene muss vor der Ausbildung als Kinderpflegerin eine Grundausbildung abschließen. Diese absolviert sie im Kindergarten von Elisabeth Straub. Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 stößt Helene auf die ersten Hindernisse. Um zum Staatsexamen zugelassen zu werden, muss sie Berufserfahrung sammeln. Auf Grund der im Jahr 1935 erlassenen Rassengesetze, wird ihre Stelle mehrfach gekündigt. Sie weicht sogar auf eine Stelle als Arzthelferin aus. Auch bei dieser Stelle wird ihr auf Grund ihrer halbjüdischen Herkunft gekündigt. Die Familie des Feuerbacher Drogisten Heydt stellt Helene schließlich von 1938 bis 1940 als Kindermädchen ein. Doch auch diese Arbeit darf Helene ab 1940 nicht weiter ausführen. Deshalb beginnt sie ab dem Frühjahr 1941 mit einer Lehre als Bürogehilfin. Doch damit ist am 26. November desselben Jahres Schluss. Durch den Druck den die Nazis ausüben wird Helene gekündigt und sie wird einen Tag später festgenommen.
Killesberg
Der Höhenpark Killesberg ist ein ehemaliger Steinbruch, der in den 1930er Jahren für die Reichsgartenschau 1939 hergerichtet wurde. Im Herbst 1941 wurde dieser Ort als Sammellager für deutsche Juden umfunktioniert. Helene wird am Tag ihrer Verhaftung dorthin gebracht. Im Sammellager angekommen, äußert sie den Wunsch, dass sie sich noch von ihren Eltern verabschieden möchte. Dieser wird ihr jedoch verwehrt. Stattdessen darf sie ohne Begleitung zum Haus einer guten Freundin, da dieses sich näher am Lager befindet. Sie bittet ihre Freundin Abschiedsgrüße an ihre Mutter und ihren Stiefvater auszurichten. Ihre Freundin gibt ihr noch Kleidungsstücke mit, ehe sich Helene auf den Rückweg zum Lager begibt. Am 1. Dezember 1941 müssen sich Helene und andere Gefangene auf den Weg zum Nordbahnhof begeben.
Nordbahnhof
Am Morgen des 1. Dezembers 1941 werden die ersten Juden aus dem Sammellager vom Killesberg zum Nordbahnhof gebracht. Unter ihnen befindet sich auch Helene Wöhr. Nachdem Helene und die anderen in den Waggons sind, startet der erste Deportationszug aus Stuttgart. Das Ziel des Zuges ist Riga. Helene muss, wie die anderen Gefangenen, den Transport selbst bezahlen. Im Lager in Riga wurden die Gefangenen mit unvorstellbaren und unmenschlichen Mitteln gequält. So starb Helene vermutlich unter den Misshandlungen im Sommer 1942. Ihr Todesdatum wird aber auf den 30. April 1943 datiert. Die Geschichte von Helene zeigt, unter welchen unmenschlichen Umständen Stuttgarter Juden leben mussten und welches Leid ihnen zugefügt wurde.